Wie erwähnt habe ich Ayumi und mich
bei Wibke Hagemanns Intensivkurs: Begnungstraining angemeldet. Am
04.04.2016 war es endlich so weit, endlich ging es los! Ich habe mich
sehr gefreut und war sehr gespannt.
Neben Frau Hagemann waren noch ihre
Co-Trainerin Frau Rewer und die Auszubildende Frau Wargers auf dem
Platz. Die beiden Letzteren dienten allerdings nur als stille
Beobachter bzw. Statisten samt ihren Hunden.
Die Hunde der Kursteilnehmer sollten
für den Anfang im Auto bleiben, weil erst einige theoretische und
grundlegende Dinge besprochen wurden. Sie sagte, es liefe hier nicht
nach Schema F ab und man würde sich bei jedem Hund individuell das
Problem ansehen, um dann auch individuell darauf eingehen zu können.
Ich war entzückt.
Es wurde ein Informationsblatt über
“Leinenpöbelei” ausgeteilt – was mich stutzig machte, denn so
habe ich den Kurs nicht verstanden und differenziere da auch
deutlich.
Aber gut, es wurde besprochen wie
“Leinenpöbelei” überhaupt entstehe (schlechte Sozialisation,
schlechte Erfahrungen, Strafen … um ein paar Beispiele zu nennen)
und warum diese so beharrlich sei.
Die “Leinenpöbelei” sei so
beharrlich weil der Hund unbewusst vom Mensch oder der Umwelt belohnt
würde. (falsches Timing, Erleichterung weil der andere Hund
verschwindet, unbewusste Verhaltensweisen des Halters, die einen Hund
ankündigen, …)
Frau Hagemann hat das alles in
einfachen Worten, für jedermann verständlich und anschaulich
erklärt.
Positiv fand ich, dass sie ausdrücklich
darauf hingewiesen hat, dass die Hunde das nicht extra machen, diesen
Stress nicht gut finden und dass man diese Situationen möglichst
neutral analysieren sollte, ohne zu interpretieren.
Es gab dann schon im Vorfeld die
“Hausaufgabe” bis zum nächsten Training: Gegenkonditionierung.
Sobald der eigene Hund den anderen wahrgenommen hatte, solle man die
Situation verlassen und auch erst dann belohnen, wie ich das
verstanden habe. Jeden Tag sollte man die Stresssituationen
dokumentieren.
Als das geklärt war, wurde der erste
Hund auf den Platz geholt, ein Australian Shepherd. Mir fiel sofort
die lange Schleppleine auf, obwohl in der E-Mail, die eine Woche vor
Beginn an alle Teilnehmer verschickt wurde, nochmal darauf
hingewiesen wurde, dass man eine kurze Leine haben solle. (Wir hatten
sogar extra eine gekauft.)
Auf die beiden Hunde der Frau Rewer
hatte er nicht reagiert, er war viel mehr mit dem Erkunden und
Erschnüffeln des Platzes beschäftigt. Die Hündin der
Auszubildenden wurde dazu geholt, mit ihr hätte er wohl gerne
gespielt. So konnte sich Frau Hagemann also kein Bild von dem Problem
machen, denn er zeigte ja keines. Er solle sich also erstmal den
Platz in Ruhe ansehen und herunterkommen, um dann später begutachtet
werden zu können.
Als nächstes kam ein Deutsch
Kurzhaar-Rüde an die Reihe. Bei ihm lag das Problem eher darin, dass
er immer gerne zu anderen Hunden hin möchte, extrem zieht und
frustriert wird, wenn es nicht geht. Frau Hagemann sagte sofort, dass
der Halter die zuvor besprochene Hausaufgabe nicht machen solle.
Als Jagdhund würde er sich durch
Schnüffeln viel selbst belohnen, so Frau Hagemann, und darauf solle
man in diesen Frustsituationen aufpassen. Um den Hund zur
Umorientierung zum Halter zu bewegen, solle der Halter mit dem Hund
zergeln, was wohl seine liebste Beschäftigung sei. Das Spielzeug
hatten sie sogar dabei und überreichten es der Trainerin. Der Hund
hatte das sehr genau beobachten können und war schon völlig aus dem
Häuschen.
Frau Hagemann wollte aber, dass der
Rüde sich hinsetzte. Sie sagte mehrfach “Sitz”, aber der Hund
konnte es nicht ausführen; ich schätze seine Erregung war einfach
zu hoch. Nach erfolglosen Versuchen kam ein etwas scharfes, betontes
“Sitzzzzz”, was mir schon einen Schauer über den Rücken jagte.
(Ich bin da geschädigt von diversen Privatvideos anderer
Hundehalter...)
Auch das fruchtete nicht und so wurde
der Hund näher zu sich hingezogen und mit zwei mal “Ditschen”
auf dem Kopf ins Sitz gebracht.
Das hat mir nicht sonderlich gefallen.
Die Halter sollten beobachten zu
welchen Hunden der Rüde immer hin wolle. Wären es hauptsächlich
Hündinnen, sollte man eine eventuelle Kastration in Betracht ziehen,
wie ich die Gesten der Trainerin deutete. Auch das wirkte etwas
pauschal auf mich.
Danach kam eine kleine Chihuahuahündin
dran und – wider erwarten – zeigte sie kein problematisches
Verhalten. Die Auszubildende sollte einen “dreisten Hundehalter,
der in einen reinkracht” mimen, aber auch da gab es kein Bellen
seitens der kleinen Hündin (eher ein Erstarren, es wurde aber
schnell aufgelöst.)
Dann kam ein Labradorrüde, der gezogen
hat wie ein Ochse, buchstäblich. Die Besitzerin hatte Mühe und Not
ihn zu halten. Er war extrem unter Stress und wenn sich Frau Hagemann
mit dem Hund vom Auslöser wegbewegte (sie deutete ein Sprint an),
kam der Rüde bereitwillig mit. Sie solle also ebenso
gegenkonditionieren, die Situationen sofort verlassen und sie solle
die Leckerchen nur vor die Schnauze werfen, um die Finger zu
schützen.
Last but not least waren wir endlich an
der Reihe. Ayumi hatte vom Auto aus auf den Platz sehen können,
weshalb sie (wie von mir erwartet) auf den Australian Shepherd, der
ja immer noch mit Schnüffeln beschäftigt war, nicht reagiert hat.
Auch die Hündin der Auszubildenden war auf dem Hinweg zum Platz kein
Problem.
“Meine Zeit” wurde von einem
freilaufendem Dackel unterbrochen, der wohl aus der Nachbarschaft
ausgebüchst war und auf einen Besuch vorbei kam. Währenddessen
tauschten die Hündin der Auszubildenden und Ayumi Blickkontakt aus,
was Ayumi etwas aufregte. Die Trainerin war derweil mit dem Dackel
beschäftigt. Dann sah auch Ayumi diesen, wie er rechts neben dem
Platz vorbei lief, und reagierte. Das hatte Frau Hagemann dann
registriert und fragte mich sofort, ob Ayumi schonmal gebissen hätte,
weil sie beim Umdrehen zu mir eine leicht schnappende Maulbewegung
mache, was auch mal schnell kippen könne.
An den Rest der Gruppe gewandt erklärte
sie, dass dies rückgerichtete Aggression sei und das schlimmer
klinge, als es tatsächlich sei. Zu mir sagte sie, dass ich damit
aufpassen müsse.
Sie fragte mich, warum Ayumi dieses
Problem haben könne und ich sagte, dass ich es nicht weiß. Ich habe
erzählt, wie lange ich Ayumi habe, wie sie aufgewachsen ist und wo
sie zuletzt gelebt hat (ich dort aber die genauen Umstände nicht
kannte). Beiläufig erwähnte sie, dass Ayumi mit ihrer hellen Nase und dem weißen Fell einen Zuchtfehler hätte. (Was nicht stimmt!!!!)
Ich hatte die Leine etwas um die Hand
gewickelt und da merkte sie an, dass das so ein unterbewusstes
Verhalten meinerseits sei, welches Ayumi einen Hund bereits
ankündigt. Es wäre gut, wenn ich das abstellen würde.
Dann wurde die Auszubildende wieder
gebeten, den dreisten Hundehalter zu spielen. Sie machte einen
Schritt frontal auf uns zu, da schoss Ayumi schon nach vorne. Frau
Wargers sollte sofort stehen bleiben. Damit hatte Frau Hagemann
genug von Ayumi gesehen und ich sollte sie wieder wegbringen.
Dann war da ja noch der Australian
Shepherd. Der war wohl frustriert (laut Besitzerin) und in einer Tour
am Japsen und am Bellen. Gegen Ende habe ich Frau Hagemann kaum noch
verstehen können, weil es so laut war. Kopfschmerzen bekam ich auch.
Der Hund war völlig gestresst, das Herumschnüffeln und Erkunden
schien nicht geholfen zu haben. Er zeigte auch wieder kein Bellen
oder anderes problematisches Verhalten bei den Hunden und die
Besitzerin konnte auch nicht so recht erklären, in welchen
Situationen die Hunde schwierig seien.
Frau Hagemann meinte dann gegen Ende,
dass dieses Japsen (Yanken, wie sie sagte) und Bellen eine
(unbewusst) antrainierte Verhaltenskette sei und sie das
problematischer finde.
Es gab dann eine abschließende Gesprächsrunde, in der man nochmal Fragen stellen konnte. Ich sagte, dass ich
mit Ayumi Zeigen und Bennen mache, ob ich das nun (auch wegen der
Hausaufgabe) sein lassen solle. Ich solle das sein lassen, denn
Zeigen und Benennen sei ja auch gar kein richtiges Training, sondern
nur ein Einstiegskonzept, was sich leider irgendwann mal
verselbstständigt hätte. Die Aussage verwunderte mich. Das Problem
sei, dass viele Halter dann mit ihrem Hund in dieser “Phase”
einfach stecken bleiben und nicht weiter kommen oder das Problem
sogar verschlimmern. Warum und wieso und weshalb sagte sie nicht.
Während die anderen ihre Fragen
stellten, dachte ich über ihre Aussage nach und als das Training für
beendet galt, musste ich sie aber dennoch fragen, was sie denn vom
Reinclickern hielt. Auch das solle ich nicht machen. Das würde den
Clicker ja abnutzen. Ich sagte daraufhin, dass man ihn ja auch wieder
positiv aufkonditionieren könne. Nein, zu meiner Verwunderung ginge
das wohl doch nicht. Sie schien mir meine Irritation anzusehen und
erklärte noch, dass das Reinclickern gar nicht funktionieren würde,
denn die Situation sei so negativ für den Hund, dass da nichts
Positives vom Click ankommen könne und selbst wenn, es ja nichts
bringe wenn der Hund die Belohnung nicht annehmen könne. Wieder
keine weiterführende Erklärung warum, wieso, weshalb das so sei.
So verabschiedete ich mich.
Ich hatte mich sehr auf den Kurs
gefreut, muss aber gestehen, dass ich die erste Stunde mit gemischten
Gefühlen verlassen habe. Von der angekündigten individuellen
Begutachtung konnte ich letztendlich wenig feststellen. Vorallem bei
Ayumi (für die anderen Hundehalter kann ich nicht sprechen.)
Was mich zugegebenermaßen sehr
enttäuscht hat. Ayumi ist ein Akita und man kann die Rasse nicht
einfach unter den Tisch fallen lassen, bei keinem Hund. Eine frontale
Hundebegnung ist da nunmal etwas schwieriger.
Und es umfasst auch nicht das ganze
Problem von Ayumi. Sie ist ja nicht (vollständig) unverträglich.
Sie kann durchaus mit anderen Hunden, sie war ja sogar mit Souji,
einem anderen Akita, notgedrungen in einem ICE mal unter einen Tisch
gequetscht worden(!!!) (bis die Leute alle auf ihren Plätzen waren).
Sie konnte auch mit einem Hund am Bahnhof schnüffeln und reagierte
erst, als der Besitzer mit dem Hund weitergegangen ist. (Ich
berichtete)
Man hat sich nicht angesehen, wie eine
seitliche, höfliche Annäherung wäre. Es wurde ja sofort
abgebrochen und ich sollte sie wegbringen.
Es gab da auch keine weiteren Fragen
ihrerseits. Wie viele Hunde wir täglich sehen, ob sie mit einem
anderen Hund zusammen lebt, welche Fortschritte wir in dem Jahr gemacht haben oder dergleichen.
Auch dass mein Aufwickeln der Leine
Ayumi Signale sendet, war aus der Luft gegriffen. Es kann schon
stimmen, ich werde das nun zusätzlich beobachten, aber sie hat es
eben nur vermutet, nicht selbst gesehen.
Dazu kommen noch ihre Aussagen über
Zeigen und Bennen sowie dem Reinclickern. Es wirkte auf mich so, als
habe sie einfach eine Abneigung gegen diese Methoden. Ich fand es
nicht gut, da so “abgespeist” zu werden. “Nee, das stimmt
nicht.” Punkt. Ich werde da aber noch nachhaken.
Auch trotz des ernüchternden ersten
Eindrucks werde ich natürlich die weiteren Kursstunden besuchen. Ich
werde die Hausaufgabe berücksichtigen, ich werde wieder vermehrt die
Situationen sowie mich selbst analysieren und mich
allgemein darauf einlassen. Großartig schaden kann es uns nicht.
Vielleicht sieht das Training, wenn es
nächste Woche richtig los geht, schon viel besser aus. Sollte sie
wieder frontale Begegnungen planen, werde ich mich zu Wort melden,
aber ansonsten kann Ayumi eigentlich nur profitieren. So oder so ist
es für sie eine Übung und wildfremde Hunde im Alltag zum Üben zu
finden ist nun nicht immer so einfach. Daher bin ich auf jeden Fall
gespannt auf nächste Woche.
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