Mittwoch, 6. April 2016

Begegnungstraining: Woche 1

Wie erwähnt habe ich Ayumi und mich bei Wibke Hagemanns Intensivkurs: Begnungstraining angemeldet. Am 04.04.2016 war es endlich so weit, endlich ging es los! Ich habe mich sehr gefreut und war sehr gespannt.

Neben Frau Hagemann waren noch ihre Co-Trainerin Frau Rewer und die Auszubildende Frau Wargers auf dem Platz. Die beiden Letzteren dienten allerdings nur als stille Beobachter bzw. Statisten samt ihren Hunden.

Die Hunde der Kursteilnehmer sollten für den Anfang im Auto bleiben, weil erst einige theoretische und grundlegende Dinge besprochen wurden. Sie sagte, es liefe hier nicht nach Schema F ab und man würde sich bei jedem Hund individuell das Problem ansehen, um dann auch individuell darauf eingehen zu können. Ich war entzückt.
Es wurde ein Informationsblatt über “Leinenpöbelei” ausgeteilt – was mich stutzig machte, denn so habe ich den Kurs nicht verstanden und differenziere da auch deutlich.

Aber gut, es wurde besprochen wie “Leinenpöbelei” überhaupt entstehe (schlechte Sozialisation, schlechte Erfahrungen, Strafen … um ein paar Beispiele zu nennen) und warum diese so beharrlich sei.
Die “Leinenpöbelei” sei so beharrlich weil der Hund unbewusst vom Mensch oder der Umwelt belohnt würde. (falsches Timing, Erleichterung weil der andere Hund verschwindet, unbewusste Verhaltensweisen des Halters, die einen Hund ankündigen, …)
Frau Hagemann hat das alles in einfachen Worten, für jedermann verständlich und anschaulich erklärt.

Positiv fand ich, dass sie ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Hunde das nicht extra machen, diesen Stress nicht gut finden und dass man diese Situationen möglichst neutral analysieren sollte, ohne zu interpretieren.

Es gab dann schon im Vorfeld die “Hausaufgabe” bis zum nächsten Training: Gegenkonditionierung. Sobald der eigene Hund den anderen wahrgenommen hatte, solle man die Situation verlassen und auch erst dann belohnen, wie ich das verstanden habe. Jeden Tag sollte man die Stresssituationen dokumentieren.

Als das geklärt war, wurde der erste Hund auf den Platz geholt, ein Australian Shepherd. Mir fiel sofort die lange Schleppleine auf, obwohl in der E-Mail, die eine Woche vor Beginn an alle Teilnehmer verschickt wurde, nochmal darauf hingewiesen wurde, dass man eine kurze Leine haben solle. (Wir hatten sogar extra eine gekauft.)

Auf die beiden Hunde der Frau Rewer hatte er nicht reagiert, er war viel mehr mit dem Erkunden und Erschnüffeln des Platzes beschäftigt. Die Hündin der Auszubildenden wurde dazu geholt, mit ihr hätte er wohl gerne gespielt. So konnte sich Frau Hagemann also kein Bild von dem Problem machen, denn er zeigte ja keines. Er solle sich also erstmal den Platz in Ruhe ansehen und herunterkommen, um dann später begutachtet werden zu können.

Als nächstes kam ein Deutsch Kurzhaar-Rüde an die Reihe. Bei ihm lag das Problem eher darin, dass er immer gerne zu anderen Hunden hin möchte, extrem zieht und frustriert wird, wenn es nicht geht. Frau Hagemann sagte sofort, dass der Halter die zuvor besprochene Hausaufgabe nicht machen solle.
Als Jagdhund würde er sich durch Schnüffeln viel selbst belohnen, so Frau Hagemann, und darauf solle man in diesen Frustsituationen aufpassen. Um den Hund zur Umorientierung zum Halter zu bewegen, solle der Halter mit dem Hund zergeln, was wohl seine liebste Beschäftigung sei. Das Spielzeug hatten sie sogar dabei und überreichten es der Trainerin. Der Hund hatte das sehr genau beobachten können und war schon völlig aus dem Häuschen.
Frau Hagemann wollte aber, dass der Rüde sich hinsetzte. Sie sagte mehrfach “Sitz”, aber der Hund konnte es nicht ausführen; ich schätze seine Erregung war einfach zu hoch. Nach erfolglosen Versuchen kam ein etwas scharfes, betontes “Sitzzzzz”, was mir schon einen Schauer über den Rücken jagte. (Ich bin da geschädigt von diversen Privatvideos anderer Hundehalter...)
Auch das fruchtete nicht und so wurde der Hund näher zu sich hingezogen und mit zwei mal “Ditschen” auf dem Kopf ins Sitz gebracht.
Das hat mir nicht sonderlich gefallen.

Die Halter sollten beobachten zu welchen Hunden der Rüde immer hin wolle. Wären es hauptsächlich Hündinnen, sollte man eine eventuelle Kastration in Betracht ziehen, wie ich die Gesten der Trainerin deutete. Auch das wirkte etwas pauschal auf mich.

Danach kam eine kleine Chihuahuahündin dran und – wider erwarten – zeigte sie kein problematisches Verhalten. Die Auszubildende sollte einen “dreisten Hundehalter, der in einen reinkracht” mimen, aber auch da gab es kein Bellen seitens der kleinen Hündin (eher ein Erstarren, es wurde aber schnell aufgelöst.)

Dann kam ein Labradorrüde, der gezogen hat wie ein Ochse, buchstäblich. Die Besitzerin hatte Mühe und Not ihn zu halten. Er war extrem unter Stress und wenn sich Frau Hagemann mit dem Hund vom Auslöser wegbewegte (sie deutete ein Sprint an), kam der Rüde bereitwillig mit. Sie solle also ebenso gegenkonditionieren, die Situationen sofort verlassen und sie solle die Leckerchen nur vor die Schnauze werfen, um die Finger zu schützen.

Last but not least waren wir endlich an der Reihe. Ayumi hatte vom Auto aus auf den Platz sehen können, weshalb sie (wie von mir erwartet) auf den Australian Shepherd, der ja immer noch mit Schnüffeln beschäftigt war, nicht reagiert hat. Auch die Hündin der Auszubildenden war auf dem Hinweg zum Platz kein Problem.

“Meine Zeit” wurde von einem freilaufendem Dackel unterbrochen, der wohl aus der Nachbarschaft ausgebüchst war und auf einen Besuch vorbei kam. Währenddessen tauschten die Hündin der Auszubildenden und Ayumi Blickkontakt aus, was Ayumi etwas aufregte. Die Trainerin war derweil mit dem Dackel beschäftigt. Dann sah auch Ayumi diesen, wie er rechts neben dem Platz vorbei lief, und reagierte. Das hatte Frau Hagemann dann registriert und fragte mich sofort, ob Ayumi schonmal gebissen hätte, weil sie beim Umdrehen zu mir eine leicht schnappende Maulbewegung mache, was auch mal schnell kippen könne.
An den Rest der Gruppe gewandt erklärte sie, dass dies rückgerichtete Aggression sei und das schlimmer klinge, als es tatsächlich sei. Zu mir sagte sie, dass ich damit aufpassen müsse.

Sie fragte mich, warum Ayumi dieses Problem haben könne und ich sagte, dass ich es nicht weiß. Ich habe erzählt, wie lange ich Ayumi habe, wie sie aufgewachsen ist und wo sie zuletzt gelebt hat (ich dort aber die genauen Umstände nicht kannte). Beiläufig erwähnte sie, dass Ayumi mit ihrer hellen Nase und dem weißen Fell einen Zuchtfehler hätte. (Was nicht stimmt!!!!)

Ich hatte die Leine etwas um die Hand gewickelt und da merkte sie an, dass das so ein unterbewusstes Verhalten meinerseits sei, welches Ayumi einen Hund bereits ankündigt. Es wäre gut, wenn ich das abstellen würde.

Dann wurde die Auszubildende wieder gebeten, den dreisten Hundehalter zu spielen. Sie machte einen Schritt frontal auf uns zu, da schoss Ayumi schon nach vorne. Frau Wargers sollte sofort stehen bleiben. Damit hatte Frau Hagemann genug von Ayumi gesehen und ich sollte sie wieder wegbringen.

Dann war da ja noch der Australian Shepherd. Der war wohl frustriert (laut Besitzerin) und in einer Tour am Japsen und am Bellen. Gegen Ende habe ich Frau Hagemann kaum noch verstehen können, weil es so laut war. Kopfschmerzen bekam ich auch. Der Hund war völlig gestresst, das Herumschnüffeln und Erkunden schien nicht geholfen zu haben. Er zeigte auch wieder kein Bellen oder anderes problematisches Verhalten bei den Hunden und die Besitzerin konnte auch nicht so recht erklären, in welchen Situationen die Hunde schwierig seien.
Frau Hagemann meinte dann gegen Ende, dass dieses Japsen (Yanken, wie sie sagte) und Bellen eine (unbewusst) antrainierte Verhaltenskette sei und sie das problematischer finde.

Es gab dann eine abschließende Gesprächsrunde, in der man nochmal Fragen stellen konnte. Ich sagte, dass ich mit Ayumi Zeigen und Bennen mache, ob ich das nun (auch wegen der Hausaufgabe) sein lassen solle. Ich solle das sein lassen, denn Zeigen und Benennen sei ja auch gar kein richtiges Training, sondern nur ein Einstiegskonzept, was sich leider irgendwann mal verselbstständigt hätte. Die Aussage verwunderte mich. Das Problem sei, dass viele Halter dann mit ihrem Hund in dieser “Phase” einfach stecken bleiben und nicht weiter kommen oder das Problem sogar verschlimmern. Warum und wieso und weshalb sagte sie nicht.

Während die anderen ihre Fragen stellten, dachte ich über ihre Aussage nach und als das Training für beendet galt, musste ich sie aber dennoch fragen, was sie denn vom Reinclickern hielt. Auch das solle ich nicht machen. Das würde den Clicker ja abnutzen. Ich sagte daraufhin, dass man ihn ja auch wieder positiv aufkonditionieren könne. Nein, zu meiner Verwunderung ginge das wohl doch nicht. Sie schien mir meine Irritation anzusehen und erklärte noch, dass das Reinclickern gar nicht funktionieren würde, denn die Situation sei so negativ für den Hund, dass da nichts Positives vom Click ankommen könne und selbst wenn, es ja nichts bringe wenn der Hund die Belohnung nicht annehmen könne. Wieder keine weiterführende Erklärung warum, wieso, weshalb das so sei.

So verabschiedete ich mich.

Ich hatte mich sehr auf den Kurs gefreut, muss aber gestehen, dass ich die erste Stunde mit gemischten Gefühlen verlassen habe. Von der angekündigten individuellen Begutachtung konnte ich letztendlich wenig feststellen. Vorallem bei Ayumi (für die anderen Hundehalter kann ich nicht sprechen.)

Was mich zugegebenermaßen sehr enttäuscht hat. Ayumi ist ein Akita und man kann die Rasse nicht einfach unter den Tisch fallen lassen, bei keinem Hund. Eine frontale Hundebegnung ist da nunmal etwas schwieriger.
Und es umfasst auch nicht das ganze Problem von Ayumi. Sie ist ja nicht (vollständig) unverträglich. Sie kann durchaus mit anderen Hunden, sie war ja sogar mit Souji, einem anderen Akita, notgedrungen in einem ICE mal unter einen Tisch gequetscht worden(!!!) (bis die Leute alle auf ihren Plätzen waren). Sie konnte auch mit einem Hund am Bahnhof schnüffeln und reagierte erst, als der Besitzer mit dem Hund weitergegangen ist. (Ich berichtete)
Man hat sich nicht angesehen, wie eine seitliche, höfliche Annäherung wäre. Es wurde ja sofort abgebrochen und ich sollte sie wegbringen.

Es gab da auch keine weiteren Fragen ihrerseits. Wie viele Hunde wir täglich sehen, ob sie mit einem anderen Hund zusammen lebt, welche Fortschritte wir in dem Jahr gemacht haben oder dergleichen.

Auch dass mein Aufwickeln der Leine Ayumi Signale sendet, war aus der Luft gegriffen. Es kann schon stimmen, ich werde das nun zusätzlich beobachten, aber sie hat es eben nur vermutet, nicht selbst gesehen.

Dazu kommen noch ihre Aussagen über Zeigen und Bennen sowie dem Reinclickern. Es wirkte auf mich so, als habe sie einfach eine Abneigung gegen diese Methoden. Ich fand es nicht gut, da so “abgespeist” zu werden. “Nee, das stimmt nicht.” Punkt. Ich werde da aber noch nachhaken.

Auch trotz des ernüchternden ersten Eindrucks werde ich natürlich die weiteren Kursstunden besuchen. Ich werde die Hausaufgabe berücksichtigen, ich werde wieder vermehrt die Situationen sowie mich selbst analysieren und mich allgemein darauf einlassen. Großartig schaden kann es uns nicht.
Vielleicht sieht das Training, wenn es nächste Woche richtig los geht, schon viel besser aus. Sollte sie wieder frontale Begegnungen planen, werde ich mich zu Wort melden, aber ansonsten kann Ayumi eigentlich nur profitieren. So oder so ist es für sie eine Übung und wildfremde Hunde im Alltag zum Üben zu finden ist nun nicht immer so einfach. Daher bin ich auf jeden Fall gespannt auf nächste Woche.

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