Mittwoch, 15. Juli 2015

Vermenschlichung des Hundes

In Foren und Hundekreisen gibt es ein berühmt-berüchtigtes Vergehen: die Vermenschlichung des Hundes. Für viele Halter scheint es DER schlimmste Fehler zu sein, den man als Halter nur machen könne. Irrsinnigerweise haben sie eine ziemlich seltsame Vorstellung von "Vermenschlichung":


Nein, es ist keine Vermenschlichung, wenn ich meinen Hund Kosenamen wie "Baby" oder andere Formen davon gebe.
  • Nur weil ich Enno "Babybär" genannt habe, habe ich ihn noch lange nicht im Kinderwagen umher kutschiert. Ich habe ihn deshalb nicht wie ein Menschenkind behandelt. Mir ist übrigens auch bewusst, dass ein Hund kein Bär ist. (Nur für den Fall der Fälle.... bei manchen "Kritikern" weiß man nie.) Ich habe es einfach mit "Bär". Bent heißt Bentibär, Bühchibär. Ayumi ist Mauslbär. Ja, sie werden dennoch ganz normal behandelt.


Nein, es ist keine Vermenschlichung, wenn ich für meine Hunde koche.
  •  Lasagne, Spaghetti Bolognese, Eintopf, Auflauf, Pizza, zur Erfrischung ein Eis - ja, soetwas steht hier auf dem Speiseplan. Es sollte eigentlich gar nicht auf so viel Unverständnis stoßen, wenn man sich in das Gedächtnis ruft, wie die Hunde früher ernährt wurden. Nämlich von Resten. Dennoch scheint es für manche Hundehalter ein Dorn im Auge zu sein und wird als "Vermenschlichung" angesehen.

Nein, es ist keine Vermenschlichung, wenn ich Verständnis und Empathie für meinen Hund aufbringe.
  • So traurig es auch ist, aber manche Menschen lassen ihren Hund bewusst leiden, denn würden sie "nachgeben", hätte der Hund "gewonnen", sein Ziel erreicht, seinen Willen bekommen und das wäre schließlich einer der schlimmsten Fehler, den man machen könne. Dabei sind sie einfach nur grausam.

Nein, es ist keine Vermenschlichung, wenn ich meinen Hund hin und wieder auf den Arm nehme.
  •  Manche Hundehalter, vorallem von großen Hunden, amüsieren sich und verspotten einen, wenn man den Zwerg- oder Kleinhund vor der anrasenden Dampfwalze schützen möchte. Nein, mein Zwergspitz ist mit seinen knapp 3 kg nicht in der Lage es mit einem 40-kg-Koloss "unter sich auszumachen".

    Und ja, ich nehme ihn nicht nur bei gefährlichen Hundebegnungen hoch, sondern auch um ihm gewisse Dinge zu erleichtern. Die Treppe in die obere Etage zum Beispiel. Die Stufen sind weit auseinander, sie sind offen, er hat Angst und selbst wenn er sie springen könnte, wäre es alles andere als gut für seine Gelenke. Also trage ich ihn. Mir bricht da kein Zacken aus der Krone - da sollte es andere Hundehalter doch bitte auch nicht stören.

    Ja, ich weiß, dass mein Hund vier gesunde Pfoten hat. Diese nutzt er auch. Ich erlaube es mir dennoch, das Leben meines Zwerghundes hin und wieder etwas zu erleichtern. Es sei uns gegönnt.

Nein, es ist keine Vermenschlichung, wenn ich Vergleiche aus der Menschenwelt heranziehen muss, um gewisse Punkte für manche Diskussionsteilnehmer verständlicher zu machen.
  • Also mal ehrlich, da kann ja niemand etwas dafür, wenn etwas einfach nicht verstanden wird. Nur, weil man etwas erklären möchte, sieht man seinen Hund nicht als menschliches Kind an.


Im Gegenzug:

JA, es IST Vermenschlichung, wenn man seinem Hund die abtrünnigsten Gedanken unterstellt.
  • Der Hund mache ja alles nur um seinen Menschen zu terrorisieren. Wenn der Hund uriniert, dann nur, um seinen nicht vorhandenen Respekt zu demonstrieren.
    Es wird irgendwie übersehen und übergangen, dass Urin für einen Hund die normalste Sache der Welt ist. Es ist für den Hund nicht negativ behaftet. (Ich frage mich gerade, warum es das bei so vielen Menschen ist, aber nun gut.)

    Wenn der Hund doch auf die "verbotene Couch" hüpft, dann natürlich nur, weil er seinem Menschen die Mittelkralle zeigen möchte. Nicht, weil er es sich gemütlich machen möchte. Hüpft er nur auf die Couch, wenn sein Mensch nicht da ist, dann ist das natürlich noch respektloser. Der Hund hat etwa nicht gelernt, dass man es nur machen kann, wenn Frauchen nicht da ist, weil es ja sonst wie ein wildgewordenes Äffchen ausrastet.

    Der Mensch ist für den Hund die Welt, meist (traurigerweise) auch, wenn er schlecht behandelt wird. Ist da eine solche Denke wirklich von Nöten?



JA, es IST Vermenschlichung, wenn man dem Hund sämtliche natürliche und hündische Kommunikation verbietet.
  • Ein Bellen, ein Knurren, ein Abschnappen, .... das ist alles normal. Natürlich. Hündisch. Viele Menschen sind aber sehr pikiert, wenn ein Hund dieses Verhalten zeigt. Der HAT doch nicht zu bellen/knurren/schnappen. Das gehöre sich doch nicht. Stattdessen soll sich der Hund mit alles und jedem verstehen. (Was absolut unnatürlich ist.)

    Hier wird unsere soziale Norm dem Hund aufgedrückt.

JA, es IST Vermenschlichung, wenn man den Hund scheisse behandelt, weil die Hunde untereinander ebenso handeln würden.
  • Man muss das doch bitte ganz klar unterscheiden: ein Hund handelt aus völlig anderen Gründen wie wir Menschen. Ein Hund interessiert es herzlich wenig, ob ein anderer an der Leine zieht, auf die "verbotene Couch" hüpft, das Butterbrot vom Teller klaut, .....

    Hunde erziehen sich nicht. Nicht, wie es der Mensch definiert. Näheres dazu hier: Von Hunden, die Hunde erziehen

    Sehr gerne werden vorallem Welpen unnötig hart behandelt. Da wird dann schon mal zugeschlagen, wenn der Welpe mit seinen spitzen Zähnchen in die Finger beißt. Rechtfertigung: das würde die Hundemama ja auch so machen, das würde der Welpe schon verstehen.
    NEIN, das versteht der Welpe NICHT.

JA, es IST Vermenschlichung, wenn man ständig um seine "Führungsposition" bangt.
  • Ich kenne eigentlich nur ein Lebewesen, das ständig nach Macht giert. Das ist der Mensch selbst. Warum man sich dann ständig vor seinem eigenen Hund fürchten muss, ist mir nicht klar. Gerne wird diese "Dominanz" auch mit der Abstammung vom Wolf begründet. Muss ich mich beim Spaziergang durch den Wald davor fürchten, von einem Wolf auf den Rücken geschmissen zu werden? Nein? Na sowas aber auch.


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